Aktuelle Informationen zu neuen Alzheimer Therapien für Patient:innen
Sehr geehrte Patient:innen!
In nächster Zeit wird in Österreich mit den Amyloid-Antikörpern eine neue Form der Therapie für die Alzheimer Erkrankung eingeführt werden. Wir möchten Sie seitens der Gedächtnisambulanz der Universitätsklinik für Neurologie über diese Entwicklungen informieren und haben die häufigsten Fragen unten beantwortet.
Es ist unser wichtigstes Ziel, allen unseren Patient:innen die bestmögliche Therapie zukommen zu lassen. Gerade bei der Einführung neuer Therapien ist es wichtig, eine sehr gründliche Abwägung von Nutzen und möglichen Risiken vorzunehmen. Wir möchten Sie daher objektiv über die Wirksamkeit und Nebenwirkungen dieser neuen Therapien informieren.
Weitere offene Fragen können wir im Rahmen eines ambulanten Vorstellungstermines bei uns besprechen - nähere Infos hier: (Kontakt).
Häufige Fragen zur Amyloid-Antikörpertherapie
Was sind Amyloid-Antikörper?
Damit bezeichnet man Medikamente, die direkt auf das bei der Alzheimer Erkrankung wichtige Protein Amyloid-Beta abzielen. Als Antikörper machen sie dieses Protein für das körpereigene Immunsystem sichtbar, das dann damit beginnt, das Protein abzubauen. In Europa ist Stand Jänner 2025 der Wirkstoff Lecanemab zur Zulassung vorgeschlagen, die Substanz Donanemab ist bei der Europäischen Zulassungsbehörde zur Begutachtung, und andere ähnliche Substanzen sind in der Entwicklung.
Wie wirken Amyloid-Antikörper bei der Alzheimer Erkrankung?
Sie führen über eine Aktivierung des Immunsystems zu einem Abbau von Amyloid-Beta. Dieses Protein lagert sich im Gehirn von Menschen mit Alzheimer-Erkrankung ab und ist zumindest teilweise für die Erkrankung verantwortlich. Durch diesen Abbau kann das Voranschreiten der Erkrankung um etwa 30% verlangsamt werden.
Für wen ist die Therapie geeignet?
Amyloid-Antikörper sind für Personen in frühen Stadien der Alzheimer Erkrankung vorgesehen, ausschließlich für solche mit einer milden kognitiven Einschränkung (MCI) und einem leichten Stadium der Alzheimer Erkrankung. Die Erkrankung muss durch einen Test, der das Amyloid beta-Protein nachweist, bestätigt sein. Dafür gibt es im Moment zwei Möglichkeiten: Eine PET-Untersuchung (eine Art der Bildgebung) oder eine Lumbalpunktion (Kreuzstich). Welcher Test für Sie in Frage kommt, kann ihr:e behandelnde Ärzt:in einschätzen.
Wer sollte die Therapie nicht erhalten?
Amyloid-Antikörper sind nicht für Personen in mittleren oder späten Stadien der Alzheimer-Erkrankung geeignet, ebenso wenig wie für Menschen mit anderen Demenzformen wie Lewy-Körper-Demenz, vaskulärer Demenz oder frontotemporaler Demenz. Bei Menschen, die bereits eine Hirnblutung hatten oder blutverdünnende Medikamente (Antikoagulantien) einnehmen, sind Amyloid-Antikörper nicht einzusetzen. Bei Personen mit einer speziellen Konstellation eines sogenannten Risikogens (ApoE4/4) sind sie ebenfalls nicht anzuwenden. Eine genaue Diagnostik und Beratung muss bei einer Fachärzt:in für Neurologie bzw. Psychiatrie bzw. In einem spezialisierten Zentrum vor Beginn einer Antikörpertherapie erfolgen.
Wie werden Amyloid-Antikörper verabreicht?
Lecanemab wird alle zwei Wochen als Infusion (intravenös) verabreicht. Die Behandlung wird bei guter Verträglichkeit nach jetzigem Stand ohne definiertes Ende weiter verabreicht werden. Bei anderen Wirkstoffen kann es zu unterschiedlichen Intervallen (bspw. 1x / Monat) kommen. Diese Therapie wird zu Beginn lediglich an spezialisierten Einrichtungen (z.B. Gedächtniskliniken) erfolgen.
Welche Nebenwirkungen haben Amyloid-Antikörper?
Die häufigsten Nebenwirkungen betreffen Infusionsreaktionen (Rötungen, Schmerzen an der Einstichstelle, sehr selten allergische Reaktionen während oder nach der Infusion). Häufig kommt es auch zu Schwellungen im Gehirn oder zu kleinen Blutungen im Gehirn. Die meisten davon verlaufen ohne Symptome oder nur mit milden Symptomen (Kopfschmerz, Schwindel, Übelkeit) und bilden sich nach Absetzen der Antikörper-Therapie zurück. Selten kann es zu schweren Nebenwirkungen kommen, die eine Krankenhauseinweisung notwendig machen. In Einzelfällen kann es auch zu anhaltender Behinderung oder Tod führen. Eine genaue Einschätzung des individuellen Risikoprofils und regelmäßige MRT-Untersuchungen sind nötig, um das Risiko zu reduzieren und Nebenwirkungen möglichst früh zu entdecken und zu überwachen.
Können Amyloid-Antikörper die Alzheimer Erkrankung heilen?
Nein, Amyloid-Antikörper können die Alzheimer Erkrankung nicht heilen oder den Erkrankungsverlauf stoppen. Aus den bisherigen Erfahrungen wissen wir, dass sie aber das Fortschreiten der Erkrankung in frühen Stadien verlangsamen können. In Studien zeigte sich, dass über 18 Monate Therapie der Fortschritt der Erkrankung um rund 30% verlangsamt werden konnte.
Wo wird die Amyloid-Antikörpertherapie verabreicht werden?
Voraussichtlich werden Amyloid-Antikörper nur in spezialisierten Zentren in Krankenhäusern verabreicht werden, wobei pro Infusion mindestens 4 Stunden Aufenthalt einzuplanen sind. Je nach Krankenhaus kann eine stationäre Aufnahme über Nacht zur Observanz nötig sein.
Welche Medikamente können gleichzeitig mit einer Amyloid-Antikörpertherapie eingenommen werden?
Grundsätzlich können die meisten Medikamente bei einer Behandlung mit Amyloid-Antikörpern weiter eingenommen werden. Es ist wichtig, alle Ihre anderen Medikamente mit Ihrer behandelnden Ärztin zu besprechen. Bei der Einnahme von blutverdünnenden Medikamenten (sog. orale Antikoagulation) ist eine Verabreichung von Amyloid-Antikörpern nicht erlaubt, da es hier zu schwerwiegenden Hirnblutungen kommen kann.
Können Amyloid-Antikörper vorbeugend gegen eine Alzheimer Erkrankung eingesetzt werden?
Nein. Die Amyloid-Antikörper sind nicht als Prophylaxe geeignet und dürfen nur bei Menschen mit einer diagnostizierten frühen Alzheimer Erkrankung eingesetzt werden.
Kann ich eine Amyloid-Antikörper Therapie über meine Hausärztin verabreichen lassen, wenn ich sie selbst bezahle?
Nein. Eine Verabreichung einer Amyloid-Antikörpertherapie darf nur nach gründlicher Voruntersuchung und strenger Abwägung des Nutzen und des Risikos in einem darauf spezialisierten Zentrum erfolgen.